ServiceWatch

Hacker Tourist Travel Page


 

Hacker Tourist Notizen - Portugal

Portugal hat eine für Hacker sehr interessante Telekommunikationsstruktur. Der einzige Festnetzbetreiber ist die staatliche Telecom. Die Preisstruktur ist sehr verschieden von der in Deutschland. So kostet ein normaler Telefonanschluß etwa 20 DM Grundgebühr ISDN etwa 30 DM. Die Minute kostet etwa 12 Pfenning im Lokaltarif. Egal wohin man telefoniert wird für die erst Einheit ein Preis von 18 Pfennig berechnet, dies soll wohl unter anderem CallBack minimieren. Die Ferntarife sind eher niedriger als in Deutschland, ein Gespräch in die USA kostet etwa genausoviel wie in Ferngespräch in Portugal. Das Netz in Portugal beruht auf Siemens EWSD und Alacatel S14. Auch in Portugal funktioniert Alcatel-Technik nicht wirklich.

Der einizige Auslands-Carrier heißt Marconi und gehört der staatlichen Telecom. Marconi ist gleichzeitig der Provider für X.25 und andere Daten- und Sprachdienste für diverse ehemalige portugiesische Kolonien, wie etwa Mosambique. BlueBoxing geht nach Aussagen lokaler Hacker über Malaysia und diverse afrikanische Länder. Der Sicherheitschef von Marconi meinte dazu, daß BlueBoxing kein wirkliches Problem für Marconi sei, da nur relativ komplizierte Techniken funktionieren würden und daher das Volumen gering sei. Geldwäsche über Premium Rate Services Richtung Macao sei aber ein ernsthaftes Problem. Der Marconi-Mann erzählte auch, daß sie in diverse Low-Traffic-Länder Internet-Routing benutzen, etwa nach Russland wohin die Internet-Verbindungen wesentlich zuvelässiger seien als das Telefonnetz. Marconi ist auch der zentrale Netzsicherheits-Verantwortliche für die gesamte PT-Gruppe. Offenbar wurde nach der April-Revolution alles was mit Telekommunikation zu tun hatte verstaatlicht, der Name aber beibehalten.

Die Internet-Durchdringung in Portugal ist recht hoch, von 10 Millionen Einwohnern haben etwa 100.000 einen Internet-Zugang. Die A ccounts kosten etwa 30-40 DM unlimited dialup, in Lissabon erfolgt der Zugang über kostenfreie 800-Nummern. Der finsterste Provider vor Ort heißt "Esoterica" und hat nur eine Leitung zu Alter.net. Der Durchsatz mit einer 9.600er-GSM-Verbindung war deutlich besser als bei diesem Provider.

Im dichtesten Kneipenviertel von Lissabon (wo es nachts um 2 etwa so voll ist wie zur CeBit in Hannover in Halle 2) haben wir auch ein Internet-Cafe gefunden, daß 4 Windows95-Rechner mit ISDN-Dialup (für jeden Rechner einzeln) vermietet. Deren Internet-Provider war leider oben erwähnter Esoterica, von daher war der Nutzwert eher gering.

Die Handy-Dichte ist eher atemberaubend, etwa 20% der Bevölkerung (!) haben ein Mobiltelefon. Das mach sich auch im Strassenbild heftig bemerkbar. Eine derart große Auswahl an verbotenen Klingeltönen wie in Portugal habe ich noch nirgends vernommen. Es gibt 2 GSM-Netze, TMN (gehört der Telecom) und Telecel. Früher gab es auch noch ein analoges Netz, das aber nur wenige tausend Teilnehmer hatte und eher ein VIP-Netz vergleichbar mit dem deutschen B-Netz war. Prepaid GSM-Karten machen den größten Teil der Netzteilnehmer aus. Viele GSM-Telefone werden mit einem SIM-Lock ausgeliefert, wie der zu umgehen ist scheint in Portugal derzeit weniger bekannt zu sein. Die GSM-Tarife scheinen etwas unter den deutschen zu liegen, wenn auch nicht viel.

Bei den Telefonzellen gibt es drei Systeme. Das älteste funktioniert mit Pappkarten, auf denen je nach Leerung der Karte Teile eines Farbstreifens herausgebrannt werden. (also known from Israel und Polen) Die neueren Systeme arbeiten entweder mit prepaid-Chipkarten oder mit direkter Abbuchung von der multibanco-Karte. Multibanco ist so eine Art innerportugiesisches EC-Kartensystem, daß aber wesentlich ausgebauter ist. So ist es z.B. möglich am Multibanco-Automat (z.B. bei der Banco de Espirito Sancto, die heissen wirklich so 8-) die Chipkarte für die Uni-Mensa aufzuladen.

Einige Autobahnen kosten Maut, die über einen kleinen Transponder, den man sich in die Windschutzscheibe klebt, direkt via Multibanco vom Konto abgebucht wird. Niemand scheint sich da ernsthafte Gedanken um Privacy zu machen. Man kann, wenn man möchte auch noch mit Bargeld bezahlen.

Die Clearingstelle für Multibanko sitzt interessanterweise in dem gleichen Gebäude wir die Börse. Das Haus sieht aus wie der portugiesische Sitz des Evil Empire. Die Zentrale der Kommunistischen Partei ist genau gegenüber, ob die Börse dahingebaut wurde, um die Kommunisten zu ärgern, war nicht ganz eindeutig zu klären. So etwa 50 Meter von der Börse entfernt beginnen Bretterbuden-Slums wie aus dem Bilderbuch. Sozusagen ein Paradies für Sozialfotografen.

Es gibt etwa sechs organisierte Hackergruppen in Portugal mit insgesamt etwa 50 aktiven Mitglieder, die meist aus einem universitären Kontext kommen. Sie haben mit Politik nicht viel am Hut, es gibt nur eine Gruppe die diverse staatliche Rechner in Indonesien gehackt hat um gegen die Sauereien des Suharto-Regimes in Ost-Timor zu protestieren. Ost-Timor war früher eine portugiesische Kolonie, die in die Unabhängigkeit entlassen wurde. Kurz danach wurde die Halbinsel von Indonesischen Truppen besetzt, die etwa 100.000 Menschen umbrachten.

Die Hacker, die wir trafen waren von einer Gruppe namens "Pulhas" (http://www.pulhas.org, langsame Anbindung). Die Jungs sind ziemlich fit und alle Quake-Addicts. Sie haben sich ein SMS-Gateway gebastelt, daß allen Mitgliedern ihres Quake-Ringes eine Kurzmiteilung schickt, wenn jemand spielen möchte. SMS to e-mail wird von den GSM-Providern dort kostenlos bereitgestellt. Pulhas maintained auch eine eigne Exploit-Datenbank, deren Inhalt sie aktuell aus den gängigen Quellen zusammanstellen. Es lohnt sich, da gelegentlich reinzuschauen.

Die Kriminalpolizei ist eher krass drauf, was Hacker angeht. Laut Gesetz kann man theoretisch verhaftet werden, wenn man einen Datenträger bei sich führt, auf dem Hacker-Tools vermutet werden. Der Besitz von solchen Tools ist strafbar. Eine direkt vor unserem Besuch stattfindende "Sicherheits-Konferenz", deren Veranstalter keine besonders guten Kontakte zur Polizei hat, wurde von der Polizei aufgelöst, die Teilnehmer verhaftet und zum Zwecke der Identitätsfeststellung einen Tag im Gefängnis festgehalten. You have been warned.

Lissabon ist ansonsten eine wirklich sehenswerte Stadt. Praktische Informationen:

- der Buchstabe "s" wird in der Regal als "sch" ausgesprochen
- Taxifahren ist ziemlich billig
- Essen in Restaurants ist nach deutschen Maßstäben preiswert
- es gibt Gesetze gegen Haschisch, die werden aber in der Regel bei fertig gebauten Joints < 3 nicht angewendet (zumindest gilt dies für Portugiesen)
- vor dem 22.Mai 1999 sollte man da nicht hinfahren, es ist Expo und die Stadt ist voll und mit Baustellen durchseucht

 

Mail an ServiceWatch


Back To The Chaos Computer Club Home Page